09.09.08

Herausfinden, was wirklich wichtig ist - neues Hospitalhofprogramm erschienen

Rund 500 Veranstaltungen locken jährlich etwa 40.000 Besucher in den Hospitalhof, das Bildungszentrum der Evangelischen Kirche im Herzen Stuttgarts. „Wir wollen dazu beitragen, dass die Menschen Seligkeit in ihrem Leben finden“, beschreibt der Leiter des Hospitalhofs, Pfarrer Helmut A. Müller, das Bildungsanliegen seines Hauses. Dazu müssten sie herausfinden, was ihnen wirklich wichtig ist. Es gehe im Hospitalhof um „Auskunft darüber, was Mensch, Welt und Kosmos ausmacht“.

Oase im Hospitalviertel: Hospitalhof Stuttgart

Bei der Vorstellung des aktuellen Halbjahresprogramms machte Müller deutlich, dass der Hospitalhof Brücken zwischen religiösen Themen und anderen Lebensbereichen schlägt. Etwa bei der Vortragsreihe „Vom Genom zum Proteom“. Hier können sich die Besucher „über die absolute Spitze der biologischen Forschung informieren“, berichtet Müller stolz. Fachliche Vorkenntnisse werden dabei nicht vorausgesetzt, allerdings „die Bereitschaft, sich in einigermaßen komplexe Gedankengänge hineinzuversetzen“. Im Rahmen dieser Reihe geht am 18. November der katholische Theologe Dietmar Mieth, Professor für theologische Ethik an der Universität Tübingen, der Frage nach: „Darf, soll oder muss der Mensch in sein Erbgut eingreifen?“.

 

Helmut A. Müller gilt auch als Experte im Bereich der Gegenwartskunst. Gemeinsam mit der Akademie Schloss Solitude und dem Württembergischen Kunstverein Stuttgart veranstaltet der Hospitalhof die Tagung „Zensur in der Kunst? Neue Mechanismen und Strategien“. Konservative und fundamentalistische Religionsvertreter fordern immer wieder, aus Rücksicht auf „religiöse Gefühle“ die Kunstfreiheit einzuschränken. Zugleich sieht Müller in der Kunstszene eine „Selbstzensur“, weil auch Kunstmuseen immer mehr darauf achten müssten, dass Ausstellungen „Quote bringen“. Im Rahmen der Tagung diskutieren unter anderem am 6. Dezember der Plakatkünstler Klaus Staeck und Nikolai B. Forstbauer, Feuilletonchef der Stuttgarter Nachrichten, über Zensur und Kunst. Am selben Tag berichtet Corinne Diserens, Direktorin des Museums für moderne und zeitgenössische Kunst in Bozen, über ihre Auseinandersetzung mit Politik und Kirche. Ihr Museum stellt einen gekreuzigten Frosch des Künstlers Martin Kippenberger aus.

 

„Wir beobachten, dass unsere Besucher präzise aussuchen, was sie interessiert und was sie für sich brauchen“, berichtet Hospitalhofleiter Müller. Neben Kunst und Wissenschaftsthemen geht es im Hospitalhofprogramm um Psychologie und Lebenshilfe, um Gesellschaft, Politik „und die geistige Großwetterlage“ (Müller) und um Fragen gelingender Beziehungen. So geht es am 15. September beim Vortrag mit dem Psychiater und Psychotherapeut Martin Grabe um „Selbstfürsorge und Burn-Out-Prophylaxe“. In einer Zeit, in der Religion an den Rand gedrängt werde, überforderten sich viele Menschen selbst. „Wo es keinen Schöpfer gibt, meinen sie, sie müssten Schöpfer ihrer selbst sein“, sagt Müller.

 

Er beobachtet gleichzeitig ein neues Interesse an Religion. So zeige der Theologe Prof. Dr. Klaus Baumann von der Universität Freiburg bei seinem Vortrag am 8. Oktober, dass Religion helfe, Themen zu bearbeiten, welche die menschlichen Möglichkeiten eigentlich übersteigen. Im Vortrag „Computer träumen nicht von elektrischen Schafen“ (16. Oktober) mit Hans. J. Markowitsch, Professor für Physiologische Psychologie, geht es um die Frage einer Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine. Um Grenzbereiche dessen, was menschliche Technik vermag, geht es auch beim Vortrag „Künstliche Wetterbeeinflussung – Gebot oder Sünde“ am 20. Oktober mit Professor Peter Wilderer von der TU München. Dass es auch bei der Suche nach dem „Traumprinzen“ ums Finden oder Verfehlen von Lebensglück beziehungsweise „Seligkeit“ geht, zeigt der Philosoph und Singleberater Christian Thiel am 17. Vortrag im Kompaktseminar „Vom Warten auf den Traumprinzen: Stellen wir zu hohe Ansprüche an den Partner und an die Partnerschaft?“

 

Das Hospitalhofprogramm liegt an vielen Verteilstellen und in Kirchengemeinden in Stuttgart aus. Das Hospitalhofprogramm im Internet: www.hospitalhof.de